Das 1878 im Deutschen Kaiserreich erlassene Verbot der Sozialdemokratischen Parteiorganisation wurde im Jahr 1890 aufgehoben. Landauf, landab entstanden daraufhin SPD-Ortsvereine. Im Gelderland tat man sich damit schwer, insbesondere in Straelen. Seit 1880 gab es zwar bereits einen Straelener „Verein der Schreiner“, der sich aber auf gewerkschaftliche Arbeit beschränkte. So ist es festgehalten im 1992 vom Stadtdirektor herausgegebenen Band „650 Jahre Stadt Straelen“.
Auch im Wahlverhalten zum Reichstag und zum Preußischen Landtag blieb es in Straelen noch 20 Jahre lang bei 100 Prozent der Stimmen für die katholische Zentrumspartei. Vor nunmehr 125 Jahren, bei der Landtagswahl im Jahr 1898, wurden erste Stimmen für die Sozialdemokratische Partei in Straelen abgegeben.
Zur Gründung eines Straelener SPD-Ortsvereins kam es erst nach dem 1. Weltkrieg in der Weimarer Republik, als es eine demokratische Verfassung in Deutschland gab. „Die Gründungsversammlung unseres Ortsvereins ist nicht belegt, allerdings gibt es verschiedene Zeugnisse, die eine Annäherung an das Gründungsjahr erlauben“ ist das Ergebnis der Recherchen von Otto Weber, der sich einmal mehr um die Geschichte des Ortsvereins gekümmert hat.
Bislang war der früheste Nachweis der Existenz eines SPD-Ortsvereins in Straelen die Beteiligung der Sozialdemokraten an der Stadtratswahl im Jahr 1929, als der Gewerbelehrer Paul Holla erstes SPD-Mitglied des Stadtrates wurde. Bei der Suche nach weiteren Wurzeln stieß Weber zunächst auf einen Bericht über eine SPD-Versammlung in Straelen im Jahr 1921.
In der Versammlung wandte sich der Krefelder Redner scharf gegen die Bemühungen des Zentrums, durch die Gründung eines Rheinlandstaates eine Abtrennung vom evangelisch dominierten Preußen zu erreichen. Der Spitzel aus Berlin, der den Bericht verfasste, beobachtete dabei nicht die Sozialdemokraten, sondern die „Separatistenbewegung“ am linken Niederrhein. Weber: „Ob es bei dieser Versammlung schon einen SPD-Ortsverein gab, das lässt sich nur vermuten“.
Deutlicher schon ist eine andere Quelle. Die Information hinterließ Wilhelm Brink. Er war Vorsitzender der Straelener SPD bis zum Verbot der Partei Im Jahr 1933. Brink war Beamter der Reichsbahn, zuständig für das Stellwerk am Bahnhof. Er wurde in der Bahnhofsgaststätte von SA-Leuten zusammengeschlagen, weil er sich weigerte, Nazi-Lieder mitzusingen. Brink schleppte sich noch zum Arzt und war mit eingeschlagenem Gesicht sein weiteres Leben lang gezeichnet.
Nach dem Krieg stellte er einen Antrag nach dem Gesetz zur „Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts“, der im Kreisarchiv erhalten blieb. Zum Antrag gehörte ein Lebenslauf, in dem Brink schreibt, dass er im Jahr 1924 nach Straelen kam und im gleichen Jahr dem SPD-Ortsverein Straelen beitrat. Damit ist wohl gesichert, dass man in Straelen im nächsten Jahr das 100jährige Bestehen feiern kann.
Mit seinem Antrag erging es Brink wie vielen anderen Geschädigten in der Nachkriegszeit, er wurde abgelehnt. Der Richter stellte in seinem Urteil fest, dass es sich um eine „Gasthausschlägerei“ handele, für die es keinen Anspruch auf Entschädigung gebe. Weber: „Die zahlreichen Akten im Kreisarchiv ergeben immer wieder das Bild, dass man schon einen Ablehnungsgrund findet, wenn man nur sucht“.
Nicht anders erging es der Witwe von Paul Holla. Paul Holla hatte nach Denunziation aus der Nachbarschaft seine Gesundheit im KZ Esterwegen im Emsland gelassen. Auch dieses traurige Kapitel gehört zur Straelener SPD-Geschichte.

Die Vorsitzenden der Straelener SPD
1924 – 1929 bislang nicht bekannt
1929 – 1933 Wilhelm Brink
1933 – 1945 Die SPD war verboten
1945 – 1950 Heinrich Kessels
1950 – 1953 Wilhelm Faeßen
1953 – 1959 Gustav Kern
1959 – 1969 Vakant
1969 – 1973 Paul Meusinger
1974 – 1992 Hans Dietze
1992 – 1993 Jürgen de Haen
1993 – 1998 Marion Malessa
1998 – 2000 Lutz Burkhardt
2000 – 2018 Otto Weber
2018 – heute Joachim Meyer